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Locarno – Europa am Scheideweg
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von Charles Féaux de la Croix (charlesf@web.de)
 

[Locarno] was a turning-point of the years between the wars. Its signature ended the
first World war; its repudiation eleven years later marked the prelude to the second.

A.J.P. Taylor


Im Oktober 1925 stockte der europäischen Öffentlichkeit der Atem. Durfte man seinen Augen wirklich trauen? Scheinbar einträchtig brachen die Staatschefs und Außenminister vormals verbitterter Feinde zu einem Bootsausflug auf dem Lago Maggiore auf. Die erbitterte Eiszeit zwischen Siegern und Besiegten wich nun einem allgemeinen Tauwetter auf dem diplomatischen Parkett. Der deutsche Außenminister und Architekt des Locarno-Paktes Gustav Stresemann konstatierte: "Der Sinn von Locarno besteht in der Erkenntnis, dass die europäischen Staaten nicht länger gegeneinander wüten dürfen, wenn Europa nicht zugrunde gehen soll." und sein französischer Kollege Aristide Briand frohlockte gar: "Zu Ende ist die Reihe der schmerzlichen und blutigen Zusammenstöße, von denen die Blätter der Geschichte künden. Zu Ende ist der Krieg zwischen uns. Vorüber sind die schweren Wolken der Trauer. Es gibt keinen Krieg mehr, keine brutalen, gewaltsamen blutigen Lösungen." Auch die europäische Presse schwärmte vom "Geist von Locarno" und vermeinte, dass nunmehr Friede und Eintracht sich zwischen den Völkern einstellen werde. War dies nun der Beginn einer neuen Ära?

Bei nüchternerer Betrachtung stellen sich solche Hoffnungen – trotz allen Fortschritts - als recht illusorisch heraus. Zu verschieden waren die Interessen der beteiligten Mächte. Frankreich erhoffte sich die Konsolidierung des Status Quo, das Deutsche Reich die Revision des Versailler Vertrages, während die Briten - angesichts zahlreicher Herausforderungen in Übersee – ihre kontinentalen Verpflichtungen zu minimieren suchten. Ein Beobachter vermerkte süffisant, dass the spirit of Locarno, l’esprit de Locarno und der Locarnogeist nicht nur nicht deckungsgleich waren, sondern in vollkommen verschiedene Richtungen abzielten.

Dennoch stellt Locarno in der Diplomatiegeschichte der Zwischenkriegszeit einen Wendepunkt dar. Die widerstreitenden Lager von Siegern und Besiegten waren nunmehr Geschichte. Das alte Konzert der Mächte lebte wieder auf. Und das Deutsche Reich errang dank Stresemann wieder seine vorige Großmachtstellung und konnte in den folgenden Jahren die vollständige Revision von Versailles erlangen.

Die Locarno-Variante beginnt im Frühjahr 1926, sprich nach der Konferenz, jedoch vor der erst im September erfolgenden Ratifizierung.

Angesichts der Vielzahl an bereits existierenden Diplomacy-Varianten ist es nicht erstaunlich, dass auch die Zwischenkriegszeit schon „beackert“ worden ist. Mit Martin Kennedys Versailles liegt bereits eine Variante vor, die zeitlich und geographisch grob dem Szenario von Locarno entspricht. Wozu also dann noch Locarno?

Nun, ich bin der Überzeugung, dass die altbekannten Diplomacy-Regeln ohne jegliche Modifikation der Realität der Zwanziger Jahre nicht gerecht werden können. In Folge der Pariser Vorortverträge entstand in Ostmitteleuropa eine Vielzahl neuer Nationalstaaten. Die kleineren und mittleren Mächte spielten in der europäischen Politik nunmehr eine weitaus größere Rolle, als dies vor dem 1. Weltkrieg der Fall gewesen war.

Die Passivität und Wehrlosigkeit kleinerer Staaten, wie wir sie von Diplomacy her kennen, ist nicht vereinbar mit der Bedeutung jener neu gegründeten Staaten, etwa bei der Einhegung Deutschlands oder hinsichtlich ihrer Rolle als cordon sanitaire gegen das weitere Vordringen des Bolschewismus nach Westeuropa.

Versailles versucht dieses Problem zu lösen, indem es jedem Spieler nebst einer Großmacht auch eine kleinere Macht zuteilt. Somit steht nunmehr eine Kombination zweier Mächte im Mittelpunkt des Spielerinteresses. Ich kann mich damit nicht anfreunden. Für meine Begriffe sollte eine Diplomacy-Variante den Spieler in die Rolle des Staatsoberhauptes oder Regierungschefs einer Macht hineinversetzen – anstatt ihm eine willkürliche Kombination zweier Mächte aufzwingen.

Meines Erachtens wird der von Baron Powell und Jeffrey Kase erfundene und bereits in der Variante Ambition & Empire erprobte Mechanismus der diplomatischen Einflussnahme auf neutrale Staaten am besten jener neuen Rolle der kleineren Mächte gerecht. Dieser trifft die goldene Mitte zwischen der von Diplomacy her gewohnten Passivität und Wehrlosigkeit neutraler Staaten und der Lösung Kennedys, die sie zu Kleinausgaben der Großmächte mit gleichem Aktionsradius werden lässt.

Hier eine kurze Zusammenfassung jener Sonderregel:

Die kompletten Regeln findet Ihr hier.

Das Schicksal der Großmächte ist somit in einem nicht geringfügigen Maß von der Fähigkeit der Spieler abhängig, sich im Kampf um die Loyalität und Unterstützung kleinerer Mächte behaupten zu können. Im Bunde mit ihnen kann man fremde Nationen – ob groß oder klein – unterwerfen, sich selber gegen solche Versuche erwehren oder auch die Expansion gefährlicher Rivalen unterbinden. Da allerdings höchstens drei DPs pro Großmacht zur Verfügung stehen, ist es wichtig, andere Spieler für seine Pläne zu gewinnen oder zumindest dafür zu sorgen, dass jene einem nicht einen Strich durch die Rechnung machen. Diplomatisches Geschick und Kommunikationsbereitschaft – auch mit weit entfernten Mächten – sind unverzichtbar. Mehr noch als in Diplomacy, denke ich.

Ein Grund, weshalb ich das Jahr 1926 als Ausgangspunkt gewählt habe, war, dass sich zu jenem Zeitpunkt ein gewisses Mächtegleichgewicht wieder eingestellt hatte. In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatte Frankreich es vermocht, eine Vormachtstellung auf dem europäischen Kontinent zu erringen. Die zur Weltmacht aufgestiegenen Vereinigten Staaten hatten sich desillusioniert gänzlich aus der europäischen Politik zurückgezogen, aber auch Großbritannien war angesichts großer Probleme sowohl zu Hause als auch im Empire nicht willens, für die zunehmend als ungerecht empfundene Versailler Ordnung auf dem Kontinent einzutreten. So blieb von der siegreichen Entente nur Frankreich übrig, weshalb auch die Dritte Republik sich weiterhin ein großes Heer leistete.

Jedoch offenbarte das Debakel der Ruhrgebietsbesetzung und die daraus resultierende französische Währungskrise nicht nur die Abhängigkeit Frankreichs von den angelsächsischen Nationen, sondern auch, dass Versuche auf eigene Faust gewaltsam voranzupreschen, nicht fruchteten. Selbst Poincaré konnte sich der Einsicht nicht sperren, dass nur auf multilateralem Wege und in Verhandlungen mit Berlin französische Reparationsforderungen erfüllt werden würden. Gleiches galt auch, angesichts der wirtschaftlichen und demographischen Überlegenheit Deutschlands, für die Sicherheit Frankreichs, die langfristig nur durch einen deutsch-französischen Ausgleich gewährleistet sein würde. Der Dawes-Plan von 1924 war das endgültige Ende französischer Hegemonialbestrebungen.

Ferner gebietet auch die nach 1917 erfolgende Implosion Russlands, die Variante nicht vor 1926 anzusiedeln. Der Bürgerkrieg zwischen Roten und Weißen war derart verheerend, dass sich die Sowjetunion erst langsam davon erholen konnte und erst in jenem Jahr das bescheidene Produktionsniveau von 1913 erreichen konnte.

Während diese Gründe gegen ein Ausgangsdatum vor 1926 sprechen, so würde ein späteres Datum zunehmend problematisch werden, da aufgrund des außergewöhnlichen Machtgewinns der Sowjetunion und Deutschlands Polen und die Türkei zunehmend marginalisiert wurden. 1926, im Jahr, in dem Pilsudski in Polen wieder das Heft in die Hand nahm, hatte sich diese Entwicklung noch nicht gänzlich abgezeichnet.

Aber warum sind Polen und die Türkei überhaupt spielbar? Schließlich waren nur die restlichen fünf Mächte gemeinhin also Großmächte anerkannt. Nun, die Türkei vermochte der siegreichen Entente erfolgreich zu trotzen und vertrieb nacheinander Italiener, Franzosen, Armenier, Griechen und schließlich die Briten aus Kleinasien. Eine ähnlich beeindruckende Leistung gelang der jungen polnischen rzeczpospolita im Polnisch-Sowjetischen Krieg und wurde so zu einer Führungsmacht in Ostmitteleuropa. Ohne diese zwei Mächte mit ihren beträchtlichen Ressourcen wäre es unmöglich, die Bedrohung, die benachbarte Mächte empfanden, adäquat zu simulieren. Weder die Angst Stalins vor einem unmittelbaren Angriff 1926 noch die Zweifrontenkonstellation, die deutsche Stabsoffiziere um ihren Schlaf brachte, wären in irgendeiner Weise in Locarno integriert.

Ich habe versucht, die geopolitische Situation, in der sich die jeweiligen Mächte 1926 befanden, wie auch die daraus erwachsenden Herausforderungen so gut wie möglich zu simulieren. Im Folgenden möchte ich einige der grundlegenden Optionen, über die die jeweiligen Großmächte anfangs verfügen, skizzieren.


Das Deutsche Reich

Deutschlands zentrale Lage ist Fluch und Segen zugleich. Wie auch vor dem Weltkrieg mangelt es dem Deutschen Reich an einem Zugang zum Atlantik oder einer sicheren Flanke im Osten. Auch besteht die Gefahr derEinkreisung angesichts der vielen nahe gelegenen Großmächte fort. Ferner ist zwar relative rasche Expansion auf Kosten der angrenzenden Kleinstaaten möglich, doch die Kehrseite liegt in der Bedrohung, die diese im Bunde mit feindlichen Großmächten darstellen. Die zentrale Lage kann allerdings auch diplomatisch von großem Nutzen sein. Ob diese Faktoren ins Positive oder Negative ausschlagen, liegt in der Hand des Lotsen der deutschen Außenpolitik. Wird er es vermögen, die Untiefen zu umschiffen und ein diplomatisches System – wie es Bismarck vermochte – zu errichten? Oder soll Deutschland ganz im wilhelminischen Stil an gefährlichen Felsen zerschellen?

Neutraler Kurs: Wozu einen Krieg vom Zaun brechen, wenn es doch genug neutrale Versorgungskreis in unmittelbarer Nähe gibt? Gilt es nicht zuerst seine Stellung in Mitteleuropa zu konsolidieren (etwa durch Eroberung der Niederlande, Dänemarks und Österreichs 1926), um erst dann anderen Großmächten deren Jagdgründe streitig zu machen? Natürlich sollte man dafür sorgen, dass die Rivalen einem nicht zuvorkommen und in Deutschland und dessen unmittelbare Einflusssphäre einfallen. Hier gilt es Burgund und Schlesien – wohl die gängigsten Invasionsrouten – besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Am besten sollte man hier entweder DMZs oder Standoffs arrangieren. Wobei in keinem Fall absolute Sicherheit gewährleistet ist, da immer die Möglichkeit besteht, dass der Nachbar die Tschechen oder Schweizer um Hilfe bittet...

Will man anderen nicht unnötig auf die Füße treten (was ja irgendwie bei einem neutralen Kurs der Fall sein sollte), dann wäre es ratsam, von Zügen ins Rheinland oder aggressivem Vorgehen gegen die Schweiz oder Tschechien abzusehen, da das wahrscheinlich die Alarmsirenen bei einigen Nachbarn aufheulen lassen würde.

Gegen Frankreich: Nur weil es 1914 nicht geklappt hat, muss man ja nicht 1926 davon absehen! F Kiel – Niederlande, A Köln – Rheinland, A München – Burgund (mit Unterstützung von den Eidgenossen) könnte den Franzosen ein zweites Sedan bereiten.

Gegen Polen: So, Polen soll von der Landkarte getilgt werden? A Berlin – Schlesien kann Pilsudski schon arg in Bedrängnis bringen, während die Reichsmarine in die Ostsee ausläuft oder Dänemark sichert, um sich sodann des strategisch wichtigen Schweden zu bemächtigen. Sollte die Sowjetunion mit von der Partie sein, könnte dieser Feldzug zügig abgeschlossen werden. Die Frage ist nur, ob es wünschenswert ist, dann unmittelbarer Nachbar eines erstarkten Russland zu sein... Oder war der Polen-Feldzug nur der Auftakt zu einer noch ehrgeizigeren Ostpolitik?

Gegen Großbritannien: Die Nordsee ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung in jedem deutsch-britischen Konflikt. 1926 besteht die Möglichkeit, handstreichartig dort die Oberhand zu gewinnen. Von Dänemark oder Holland ist dies mit (oder ohne) Hilfe Dritter (Dänemark, Niederlande, Norwegen) möglich. Vielleicht finden sich andere verbündete Großmächte, die der Reichsmarine hier diplomatisch – sprich mit DPs - unter die Arme greifen... Die Home Fleet umfasst anfangs nur zwei Einheiten und die British Expeditionary Force, dieeinst in Liverpool postiert war, ist schon lange demobilisiert worden. Insofern mag Operation Seelöwe sogar etwas leichter bewerkstelligen zu sein als in früheren Jahren, solange es den Briten unvorbereitet trifft. Ein erfolgreicher Krieg gegen Großbritannien sollte dem Reich sicheren Zugang zum Atlantik geben, jene nordwestliche Flanke sichern und stünde somit in der Tradition der wilhelminischen Weltmachtpolitik.


Großbritannien

1926 war so gut wie nichts von dem Millionenheer des Weltkrieges übrig geblieben. Die Army war wieder zu einer kleinen Kolonialtruppe reduziert worden. Allerdings genoss die Royal Navy weiterhin größte Wertschätzung, war sie doch der maritime Schutzschild des Vereinigten Königreiches wie auch die conditio sine qua non des britischen Empire. Flottenstützpunkte in Gibraltar und Suez sollten die Versorgungswege zu den Kolonien sichern. Auch hatte sich London Völkerbund-Mandate im Nahen Osten gesichert. So beschränkten sich die britischen Interessen keineswegs allein auf die Gewässer rund um die britischen Inseln und die nahe gelegenen Versorgungszentren.

Eine grundlegende Frage, was die britische Strategie anbetrifft, ist, welche Rolle dem Mittelmeer und dem Nahen Osten zukommt. Sollen die beiden in diesen Regionen stationierten Flotten dort bleiben? Sollen weitere Verbände sie verstärken? Oder werden sie vielmehr im Atlantikraum benötigt? Die Antwort auf diese Frage dürfte von größter Bedeutung für die anglo-französischen Beziehungen sein. Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass Paris den Transfer britischer Verbände durch den Mittelatlantik ohne weiteres duldet.

Gegen Frankreich: Die Franzosen stehen der Herrschaft Britanniens über den Atlantik, Afrika und den Nahen Osten im Weg. Wer also im Süden das britische Empire stärken will, wird wohl zur Offensive gegen die Frogs schreiten müssen. Mitstreiter in Berlin und Rom erleichtern natürlich diese Aufgabe. Taktisch allerdings gibt es keinen Königsweg.

Nur F London – Englischer Kanal dürfte klar sein. Mit F Gibraltar könnte Spanien ergattert werden, wodurch Marseille in greifbare Nähe rückt und womöglich einer anglo-italienischen Offensive nicht widerstehen könnte. Alternativ dazu ist ein Zug gen Mittelatlantik denkbar. Falls erfolgreich käme ein Angriff auf Brest für den Herbst in Betracht. In beiden Fällen hat die portugiesische Flotte eine Schlüsselstellung inne.

Gegen Deutschland: Die Krauts sind unangenehme Konkurrenten in Skandinavien und in den Benelux-Staaten. Der Verlust der Nordsee ist eine ständige Gefahr – insbesondere solange kleinere Mächte in der Region noch eigene Flotten unterhalten. Ferner könnten all die von der Reichswehr okkupierten Versorgungszentren zu einem neuen deutschen Flottenrüstungsprogramm führen. Warum also nicht im Bunde mit Frankreich und/oder Polen diese Gefahr im Keim ersticken?

Gegen die Sowjetunion: Die rote Gefahr ist real. Schottland ist nur einen Katzensprung von Leningrad entfernt. Auch sind die Bolschewiken Hauptkonkurrenten bei der Aufteilung des skandinavischen Kuchens. Es ist also attraktiv, handstreichartig Leningrad zu besetzen und jene Invasionsroute gänzlich dicht zu machen. Der weiße General Mannerheim könnte dazu mit seinen Finnen Schützenhilfe leisten.

Mittelmeerraum und der Nahe Osten: Mit Suez verfügt Großbritannien über die Schaltstelle des Nahen Ostens, der Suez-Kanal erlaubt den schnellen Transfer von Flottenverbänden vom Mittelmeer in den Indischen Ozean wie auch umgekehrt. Sollte die Gibraltar-Flotte um das Kap der Guten Hoffnung geschickt werden, ergeben sich im Nahen Osten ganz neue Möglichkeiten. So könnte etwa das seit 1922 unabhängige Ägypten wieder an die Kandare genommen werden. Schließlich bedroht es ansonsten das britisch kontrollierte Suez. Je nach dem Allianzgefüge Britanniens lassen sich von hier aus Aktionen gegen zahlreiche andere Mächte in die Wege leiten.


Frankreich

Die Dritte Republik hat die stärkste Armee. Zwar ist sie in Nordafrika und in Syrien um 1925/1926 in teure Kolonialkriege verwickelt, wodurch sich in France metropolitaine die Linien lichten, doch keine andere Nation verfügt über vier Armeen. Wohin also mit ihnen?

Gegen Italien: Der Duce ist ein unangenehmer Zeitgenosse. Sein Traum vom Mare Nostrum richtet sich vor allem gegen Frankreich, welches im Maghreb und im Südwesten italienischen Expansionsplänen Einhalt gebieten kann. So kann es schnell in Nordafrika und rund um Piedmont knallen. Wer dem Italiener zuvorkommen will und den Krieg nach Italien bringen möchte, der sollte sich schweizerischer Hilfe versichern, um sich den Weg nach Piedmont zu bahnen. Einmal dort, kann mit der Hilfe Dritter – den Schweizern oder Jugoslawen – Mailand oder Rom eingenommen werden.

In Nordafrika sind solche schnellen Erfolge eher unwahrscheinlich. Durch Verstärkungen sollte man versuchen, hier die Oberhand zu gewinnen.

Gegen Deutschland: Besser die Boches angreifen, bevor diese Frankreich schlagen? Wenn das die Devise ist, geht der Weg über Burgund und das Rheinland ins Reich. Hier sollte man sich tunlichst der Hilfe der kleineren Nachbarn Deutschlands versichern und den Polen den Marsch nach Berlin schmackhaft machen.

Gegen Großbritannien: Dass Franzosen und Engländer gemeinsam in den Krieg ziehen: eine historische Anomalie, oder? Nur einer kann im Westen die Oberhand haben! La guerre aux anglais! Einziges Problem: Die flotte de guerre sieht ziemlich bescheiden im Vergleich mit der Royal Navy aus. Aber das kann sich ja ändern! Und zwar indem man die VZs im Südwesten für die Grande Nation erobert und den Engländern den Suezkanal abknöpft. Schließlich wurde der doch von einem Franzosen erbaut!

Naher Osten: Die Armee im syrischen Mandatsgebiet ist nun wirklich sehr weit weg von heimatlichen Gefilden. Ihr Auftrag ist es VZs zu ergattern, Freunden zu helfen und den Feinden jegliche Besitzungen in der Region streitig zu machen.


Italien

Der Duce hat große Pläne. Ein afrikanisches Reich, ein mare nostrum, ein neues imperium romanum! Also an die Arbeit!

Gegen Frankreich: Sozusagen Mussolinis Lieblingsgegner. Piedmont ist hier die Schlüsselstellung. Um hier die besseren Karten zu haben, mag es sinnvoll sein, die Eroberung Jugoslawiens zu verschieben und A Mailand nach Piedmont mit aller Kraft zu unterstützen.

Gegen die Türkei: Wie auch Frankreich ist die Türkei ein gefährlicher Wetteiferer um die Vorherrschaft im Mittelmeerraum. Ferner treffen die Interessen beider Nationen auf dem Balkan aufeinander. Um gegen Atatürk die Oberhand zu gewinnen, gilt es, den größeren Teil des Balkan-Kuchens für sich zu behaupten. Das Einfallstor Jugoslawien sollte möglichst schon im Frühjahr genommen werden – und im gleichen Zuge den Türken der Vormarsch auf dem Balkan vermasselt werden. Einige DPs – auch von befreundeten Nationen - können hier Wunder bewirken. Griechenland ist auch ein Zankapfel größter Wichtigkeit. Der Konvoi der tripolitanischen Armee hinüber zum Balkan sollte erwogen werden.

Doch damit ist es nicht getan. Andere Mächte sollten ebenfalls die Türkei angreifen. Hier mag ein italienisch-sowjetisches Bündnis am effektivsten sein. Aber auch Britannien und Frankreich können hier große Dienste leisten.

Gegen Deutschland: Liegt der Weg zum italienischem Sieg jenseits der Alpen? Schnell errungene Erfolge könnten Feldzügen weiter im Süden dringend benötigten Nachschub verschaffen.


Polen

Polen liegt zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich. Diese Tatsache stellt die große Herausforderung für Polens Staatsführung dar. Das Bestreben eines Jozef Pilsudski sollte es sein, ein deutsch-sowjetisches Einvernehmen über die Teilung Polens zu verhindern. Und notfalls diesen Mächten durch eine eigene Offensive zuvorzukommen.

Gegen Deutschland: Frankreich und Polen sind natürliche Verbündete. Wenn sie sich zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen das Reich durchringen können, steht die Weimarer Republik genau vor jenem Problem eines Zweifrontenkrieges, welches sonst stets wie ein Damoklesschwert über dem Haupt Pilsudskis schwebt. Allerdings ist eine solche Offensive gen Berlin keineswegs ein Selbstläufer und bedarf Ressourcen, die bei der Annexion kleinerer Mächte fehlen könnten. Dies könnte der Sowjetunion zum Vorteil gereichen.

Gegen die Sowjetunion: Polen steht im Wege jeglicher Ausweitung der Weltrevolution gen Mittel- oder Südosteuropa. Es ist also unwahrscheinlich, dass diese Mächte auf Dauer friedlich koexistieren können. Die Ukraine war schon 1920 Schauplatz großer polnisch-sowjetischer Auseinandersetzungen und dort dürfte auch die zweite Runde in diesem Konflikt eingeläutet werden. Die Rumänen können hier den Polen den Weg nach Stalingrad und Moskau ebnen. Womöglich lassen sich zu diesem Zweck DPs von anderen Mächten gewinnen. Ein gemeinsames Vorgehen mit der Türkei wäre anzustreben. Polen kann Kemal Atatürk Stalingrad anbieten, wodurch das Schwarze Meer vollends türkisch werden würde. Auch ein britisches Engagement ist Gold wert. Leningrad und Finnland sind attraktive Filetstücke. Auch wenn nur Moskau Polen zufallen würde, so ist doch die Eliminierung der Sowjetunion ein unermesslicher Wert für Polen.

Neutraler Kurs: Schnell wachsen, um dann gut gewappnet gegen einen größeren Gegner in den Krieg ziehen zu können. Rumänien, Litauen, Lettland und Schweden sind alle schon im ersten Jahr zu haben. Aber man sollte Geduld an den Tag legen. Es kann sich bezahlt machen, im Frühjahr erstmal Standoffs in Schlesien und in der Ukraine zu arrangieren.


Die Sowjetunion

Die Weltrevolution liegt in den Händen des Genossen Josef Stalin. Der erste Anlauf war allerdings derart ernüchternd, dass sich der Nachfolger Lenins auf den "Sozialismus in einem Lande" verlegte. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden...

Gegen Polen: Nun, die rzeczpospolita versperrt den Weg nach Mitteleuropa und auch Richtung Balkan. Der Marsch durch die Ukraine nach Krakau bedarf der Unterstützung durch eigene Einheiten, aber vielleicht auch der Rumänen. Die rote Flotte kann entweder Lettland oder Schweden den Polen streitig machen.

Gegen die Türkei: Das Engagement im Nahen Osten mag per Definition anti-türkisch sein. Aber ein Zug ins östliche Anatolien ist besonders bedrohlich für den jungen kemalistischen Staat. Ein Flottenbauprogramm in Stalingrad verleiht einer anti-türkischen Strategie weitere Dynamik.

Später eröffnen sich auch andere Möglichkeiten. Auch ist es stets möglich, einen neutraleren Kurs zu fahren.


Die Türkei

Der Verlust Arabiens und der Schaffung britischer und französischer Mandatsgebiete bedeutet, dass die Türkei nun auch im eigenen Hinterland potentiellen Gefahren ausgesetzt ist. Aber der Öl- bzw. VZ-Reichtum des Nahen Ostens ist auch eine Chance.

Gegen Italien: Italien ist der Hauptrivale im Mittelmeerraum. Um Italien zu "knacken", gilt es zu Land und zur See Schlüsselstellungen einzunehmen. Das Ionische Meer, Griechenland und Jugoslawien sind hier von großer Bedeutung. Hier mag es lohnenswert sein, seine DPs so einzusetzen, dass Italien noch nicht einmal Jugoslawien einnehmen kann.

Gegen die Sowjetunion: Der Zug A Ankara – Ostanatolien ist der erste Schritt, um entweder Stalingrad oder Persien einzunehmen. Da beides möglich ist, wird es recht schwierig für die Sowjets, darauf adäquat zu reagieren. Polnische Hilfe ist sehr willkommen.

Der Nahe Osten: Die Türkei genießt den Vorteil, dass ihre Aufbauten direkt in der Region stattfinden. Das gilt es zu nutzen.


Ausblick

Nun liegt Locarno in seiner sechsten Version vor, ist aber bislang noch nicht geplaytestet worden und mag noch einige Änderungen erfahren. Wer Interesse hat, an einem Playtest teilzunehmen, schreibe mir einfach. Ich wäre auch für Feedback jeder Art zur Variante dankbar.

Derzeit bereite ich die Variante für den DPJUDGE vor und hoffe, dass in nicht allzu ferner Zeit aussagekräftige Statistiken zur Variante vorhanden sein werden.

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