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Die Entente Cordiale
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von Stephen Agar

ÜBERSETZT VON WALTER HENKE
 

Entente Cordiale: "Das herzliche Einverständnis", Bezeichnung für das englisch-französische Bündnis nach 1904.

In einer früheren Ausgabe der "Spring Offensive" findet sich von mir ein Artikel über die Seelöweneröffnung [engl. Sealion Opening, nach Hitlers geplantem, aber nie durchgeführten "Unternehmen Seelöwe" 1940/41, das die Invasion Englands zum Ziel hatte, der Übersetzer], einen gemeinsamen deutsch-französischen Angriff auf England, der die Besetzung der Nordsee im Herbst 1901 anstrebt. Zur Aufrechterhaltung einer gewissen Ausgewogenheit möchte ich nun meine Vorstellungen über ein brauchbares englisch-französisches Bündnis darlegen, um auszuloten, ob diese beiden Mächte in einer Weise zusammenarbeiten können, die schnelle Ergebnisse erbringt und ein Mindestmaß an gegenseitiger Sicherheit gewährleistet.

In langfristigen englisch-französischen Bündnissen steht der französische Spieler am Ende nicht selten schutzlos da. Nur allzu leicht entschlüpft eine englische Flotte in den Mittelatlantik, um dann aufs Geratewohl Brest, Spanien oder Portugal anzufallen. Wenn England einer Absprache folgend Flotten ins Mittelmeer entsendet, müssen diese über mehrere Spielzüge an wenig befestigten französischen Versorgungszentren vorbeifahren, bevor sie die meist erbittert verteidigten italienischen Fleischtöpfe erreichen. Es ist nicht schwer zu verstehen, warum englische Spieler in Versuchung geführt werden, vor allem dann, wenn sämtliche französischen Armeen in Kiel oder Schlesien gebunden sind. Richard Sharp ging sogar so weit, Frankreich zur Vermeidung von Spannungen die Abtretung Brests an England anzuraten.

Der Hauptgedanke dieses Artikels basiert auf einem englisch-französischen Bündnis, in dem England keine Flotten auf den langen Weg ins Mittelmeer schickt, sondern nur so viele Flotten baut, wie zur sicheren Landung von Armeen auf dem europäischen Festland nötig sind. Frankreich verfügt über ein ans Mittelmeer grenzendes Versorgungszentrum, daher sollte das Mittelmeer (und Italien) Frankreich überlassen bleiben. Anstatt Frankreich zu umsegeln, ist es für England besser, die obere Bretthälfte in Beschlag zu nehmen und die südliche Hälfte Frankreich zu überlassen. Eine vernünftige Aufteilung der VZ könnte sein: für England Nwy, Swe, Den, Kie, Hol, Ber usw.; für Frankreich Spa, Por, Tun, Bel, Mun, Ven usw.

Das erste Jahr

Um ein solches Bündnis auf den Weg zu bringen, muß sich der französische Spieler nach meiner Überzeugung vom ersten Zug an festlegen. Ich rate zu A Par-Pic, A Mar-Bur und F Bre-MAt. Voraussetzung für diese Eröffnung ist, England irgendwie dazu zu bringen, Frankreich bei der Eroberung Belgiens zu unterstützen. Vorausgesetzt, die englische F Nth tut dies, so gewinnt Frankreich mit dieser Eröffnung Belgien unabhängig davon, wie die ersten deutschen Züge lauten. Wenn Deutschland allerdings mit F Kie-Den und unter Verzicht auf A Mun-Bur eröffnet (wie es meistens der Fall ist), so ist Frankreich, wenn es sich nach Norden orientiert, Belgien auch ohne jede englische Unterstützung sicher, und England kann dann die Besetzung Hollands durch Deutschland verhindern. Frankreich kann sich mit F MAt Portugal einverleiben und sich Spanien für 1902 aufheben.

Ein festes englisch-französisches Bündnis ist meiner Ansicht nach jedoch nur dann erfolgversprechend, wenn Rußland wenigstens neutral gehalten werden kann. Wenn es sich nicht vermeiden läßt, müssen Sie, um Rußlands Vertrauen zu gewinnen, F Nrg-Nwy, A Yor H befehlen, und solange Rußland 1902 keine Offensive im Norden startet, kann eine solche Vorgehensweise wirklich von Vorteil sein (siehe das Beispiel unten).

Unter der Voraussetzung, daß Rußland nicht nach Norden eröffnet (dann wird es allerdings sehr kompliziert [gemeint ist wohl F StP-Fin, A Mos-StP, der Übersetzer]) und Frankreich nicht von Italien angegriffen wird, was für Italien normalerweise dem Selbstmord gleichkommt, kann Frankreich zwei Einheiten (A Par, F Mar) und England eine, F Edi, aufbauen. Mit Glück und ein wenig Diplomatie hat Deutschland zuvor Dänemark besetzt und kann daher nur eine Einheit aufbauen.

Eindringen in Deutschland

Die Dichte der Deutschland umgebenden Versorgungszentren hat oft zur Folge, daß ein Angriff auf Deutschland allein deswegen steckenbleibt, weil so viele deutsche Einheiten so eng beieinanderstehen. Je schneller Sie daher nach Deutschland und zwischen die deutschen Einheiten gelangen können, desto besser. Eine Möglichkeit besteht darin, die notgedrungen im Bottnischen Meerbusen ankernde russische Flotte dazu zu bringen, im Herbst 1901 in die Ostsee einzulaufen, so daß die deutsche Flotte in Schweden landet. Das ist immer lustig und eröffnet außerdem die Möglichkeit unterstützter Angriffe auf Dänemark. Aber denken Sie daran: Wenn Sie Rußland ein zu großes Stück vom Kuchen überlassen, kommt es letztlich nur zum Aufbau von Armeen in Warschau, die dann Ihre Wege kreuzen werden. Andererseits können Sie Rußland jederzeit Schweden anbieten, damit es als Gegenleistung keine weiteren Einheiten im Norden aufbaut.

Um ins Herz Deutschlands vorzustoßen, muß England im Frühjahr 1902 vorzugsweise die Helgoländer Bucht besetzen. Das kann schwierig werden, obwohl nur ein sehr wagemutiger Deutscher die Flotte in Dänemark dazu verwenden wird, in Hel ein Patt zu erzwingen, da immer die Möglichkeit von F Nth-Den besteht. Wenn Hel sich zu einem harten Brocken entwickelt, ist F Nth-Ska eine vernünftige Alternative, da es Druck sowohl auf Schweden als auch Dänemark ausübt. Bei allen diesen Plänen ist die Haltung Rußlands entscheidend. Alles in allem ist es besser, Rußland (mit Unterstützung aus Norwegen) Schweden anzubieten als es nach Dänemark ziehen zu lassen, da es einfacher ist, Einheiten aus Schweden zu vertreiben (und es nicht viele Gebiete gibt, in die sie sich zurückziehen können) als aus Dänemark.

Eine mögliche Situation Ende 1901 ist z.B.:

Frankreich: A Bel, A Bur, F Por, A Par, F Mar
England: F Nth, A Yor, F Nwy, F Edi
Deutschland: F Den, A Kie, A Ruh, A Mun
Rußland: F Bot

Häufige Verteidigungen Deutschlands sind F Den-Nth (unterbindet jede durch Nth gewährte Unterstützung oder jeden nicht unterstützten Zug nach Nth), A Mun S A Ruh H (sinnlos nach Bur zu gehen) und A Ruh S A Kie-Hol. Wie das englisch-französische Bündnis seinen Angriff vorträgt, hängt davon ab, ob England nach Hel oder Ska gelangt, was seinerseits von der Haltung Rußlands abhängt. Somit ist folgende Zugfolge durchaus denkbar:

Frühjahr 1902

Frankreich: A Bel S A Bur-Ruh, F Por-Spa(sc), A Mar S A Par-Bur
England: F Nth-Hel, F Nwy S F Edi-Nth, A Yor H
Deutschland: F Den-Nth, A Mun S A Ruh H, A Ruh S A Kie-Hol
Rußland: F Bot-Swe

Deutschland bekommt Holland, muß aber Einheiten in Belgien, Burgund und in der Nordsee hinnehmen, so daß das Bündnis die Deutschen aus Holland hinauswerfen und/oder (mit russischer Hilfe) Dänemark einnehmen kann.


Herbst 1902

Frankreich: A Bel S F Nth-Hol, A Bur-Ruh, A Mar-Pie, A Par-Bur, F Spa(sc) H
England: F Hel-Den, F Nth C A Yor-Hol, F Nwy H
Deutschland: F Den-Nth* [zieht sich zurück und wird wahrscheinlich aufgelöst], A Mun S A Ruh H, A Ruh S A Hol H* [zieht sich nach Kiel zurück]
Rußland: F Swe S F Hel-Den

Auf-/Abbauten:

England: Lon, Liv, Edi, Nwy, +Hol, +Den, +StP = 7
Frankreich: Par, Bre, Mar, Bel, Por, +Spa = 6
Deutschland: Mun, Kie, Ber, -Den = 3.
Rußland: -StP, +Swe

Deutschland ist auf drei Einheiten zurechtgestutzt (sagen wir: A Mun, A Ruh und A Kie), Frankreich hat sechs (zu erwägen ist ein Flottenbau in Marseille) und England hat sechs oder sieben (abhängig von der Möglichkeit, Rußland in den Rücken zu fallen). Natürlich haben wir jetzt bereits den Bezug zur Realität verloren, da die Zahl möglicher Varianten enorm ist und die Haltung Rußlands zu all diesen unvorhersehbaren Verwicklungen von den Geschehnissen auf dem Balkan abhängt. Worauf ich hinaus will, ist, daß es mit ein bißchen Glück (und vor allem russischer Hilfe) sehr rasch möglich ist, die deutsche Stellung aufzubrechen. Wenn England und Frankreich zusammenstehen, ist Deutschland nun verloren.

Das Erfolgsrezept für eine schnelle Zerschlagung Deutschlands ist die Übersetzung englischer Armeen auf den Kontinent; Armeen sind unerläßlich, weil sie vordringen und Binnenunterstützungen abschneiden können. Eine englische Flotte in Holland oder Kiel ist bei weitem nicht so wertvoll wie eine Armee in diesen Gebieten.

Natürlich: Wenn Sie keine russische Hilfe in Anspruch nehmen können, ist alles ein bißchen schwieriger. Rußlands Neutralität genügt, um Deutschland zu Fall zu bringen, obgleich es ein Jahr länger dauern wird, aber eine aktive russische Verteidigung Deutschlands kann alle Pläne zum Scheitern bringen, weil alle Aktionen steckenbleiben. Wenn Rußland sich andererseits wohl verhält und 1901 in Warschau eine Armee aufbaut, die im Jahr darauf nach Schlesien zieht, ist Deutschland praktisch erledigt.

Skandinavien zuerst?

Ein paar Worte zum Zug ins Skagerrak 1902. Wenn Rußland im Norden schwach ist und Deutschland 1901 nur eine Einheit aufbauen konnte, kann es für England durchaus sinnvoll sein, sich zunächst Skandinavien zu sichern und erst dann der deutschen Heimatfront zuzuwenden. Wenn sich aber im Endergebnis das Verhältnis zu Rußland abkühlt und es in die Arme Deutschlands getrieben wird, ist durch eine solche Vorgehensweise nur sehr wenig gewonnen, z. B.:

Frühjahr 1902

Frankreich: A Bel S A Bur-Ruh, F Por-Spa(sc), A Mar S A Par-Bur
England: F Nth-SKA, F Nrg S F Edi-Nth, A Nwy-Swe
Deutschland: F Den-Nth, A Mun S A Ruh H, A Ruh S A Kie-Hol
Rußland: F Bot-Swe

Obwohl Rußland auf Schweden verzichten muß, hat England nicht die nötige Stärke, es sich im Falle eines russisch-deutschen Bündnisses aus eigener Kraft zu nehmen.

Herbst 1902

Frankreich: A Bel S F Nth-Hol, A Bur-Ruh, A Mar-Bur, A Par-Bur, F Spa(sc) H
England: F Nrg-Nwy, F Nth-Hol, F Ska S A Nwy-Swe
Deutschland: F Den S F Bot-Swe, A Mun S A Ruh H, A Ruh S A Hol H* [zieht sich nach Kiel zurück]
Rußland: F Bot-Swe

Auf-/Abbauten:

England: Lon, Liv, Edi, Nwy, +Hol = 5
Frankreich: Par, Bre, Mar, Bel, Por, +Spa = 6
Deutschland: Mun, Kie, Ber, Den = 4.

Man sieht, wie wichtig es ist, Rußland bei Laune zu halten.

Das Mittelmeer

Obwohl für die Landung der ersten englischen Armee auf dem Kontinent Frankreichs Beistand unerläßlich ist, sollte es Frankreich doch Anfang 1903 möglich sein, ins Mittelmeer einzulaufen. Jeder Angriff auf Italien gestaltet sich schwierig, wenn Sie nicht über eine erdrückende Übermacht an Flotten verfügen (und sich diese am richtigen Platz befinden). Daher ist es wichtig, jedem Angriff einer im Korridor von Piemont stationierten Armee zuvorzukommen. Eine Möglichkeit ist der Zug A Mar-Pie im Herbst 1902 (unter dem Vorwand, wegen des Konflikts mit Deutschland im nächsten Zug nach Tirol ziehen und auf München Druck ausüben zu wollen), wodurch Marseille für den Flottenbau freibleibt. Im Frühjahr 1903 kann dann F Mar-GoL, F Spa-Wes und A Pie-Tus oder -Ven erfolgen. Zweifellos wird es zu entsprechenden Verhandlungen mit Österreich und/oder der Türkei kommen, um für diese Unternehmung einen Bündnispartner zu finden.

Die Erringung der Kontrolle über das Tyrrhenische Meer kann sich als schwieriges Unterfangen erweisen. Es ist beinahe sicher, daß es Frankreich hier mit zwei italienischen Flotten direkt vor seiner Nase zu tun bekommt, so daß Umgruppierungen entlang der Frontlinie wie F Wes-NAf, F GoL-Wes zur Druckausübung auf Tun erfolgversprechend sein können. Versuchen Sie es wenigstens; ziehen Sie die Flotten in freie Gebiete, lassen Sie nicht zu, daß sie sich festfahren. Sobald Frankreich über eine dritte Flotte im Mittelmeer verfügt, kommen die Dinge ins Rollen; vor allem dann, wenn im italienischen Heimatterritorium eine Armee zur Abschneidung von Unterstützungen bereitsteht. Wenn alles gut geht, wird England gegen den heiklen Bau einer Flotte in Brest, die über MAt hurtig ins westliche Mittelmeer weitersegelt, keinen Einspruch erheben.

Halten Sie sich den Rücken frei

Es erscheint vielleicht als Verschwendung von Einheiten, aber im Mittelspiel sehe ich keine Möglichkeit, wie irgendein Bündnis dieser Art gegenseitiges Vertrauen genießen kann ohne den die Heimatzentren bewachenden Ersatzmann im Hinterland. Für ein englisch-französisches Bündnis scheint die Abmachung vernünftig, in Liverpool und Brest ohne vorheriges Einverständnis keine Flotten zu bauen. Zwei französische Armeen in Belgien und der Piardie könnten dann die Stellung halten, um jeden englischen Verrat zu erschweren, während England tatsächlich nur eine Armee in Yorkshire benötigt, um alle seine Heimatzentren zu decken. Für den Fall des entscheidenden
Dolchstoßes wird das nicht genügen, da der Verräter mit dem Stoß zweifellos
eine Situation abwarten wird, in der er aufbauen kann, das Opfer aber
nicht. Der Angreifer schickt Flotten in den Nord- und Mittelatlantik und den Kanal, während der einstige Verbündete gezwungen ist, seine Einheiten von Plätzen wie StP(nc) oder Ven abzuziehen. Entscheidender als die an die Heimatfront zurückbeorderten Einheiten ist aber, daß jene abgelegenen Versorgungszentren an andere Spieler verlorengehen und so eine Verlustspirale in Gang gesetzt wird. Das erklärt die Notwendigkeit von Einheiten, die auf halbem Weg zwischen Heimat und Front Stellung beziehen; eine französische Flotte in Spanien (sc) oder eine englische in Norwegen, etwas in der Art.

Langfristig scheinen folgende Einflußsphären denkbar. England: Lon, Liv, Edi, Nor, Swe, Den, StP, Hol, Kie, Ber, War, Mos; Frankreich: Bre, Par, Mar, Bel, Spa, Por, Tun, Rom, Nap, Ven, Mun, Vie, Tri.

Der Zusammenprall kommt, wenn England Moskau angreift oder Frankreich Italien ausgelöscht hat, da in diesem Moment ein Bündnispartner durch den Angriff auf den anderen den Sieg davontragen kann. In dieser Phase werden Spiele wahrscheinlich ebenso durch die Spielercharaktere und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, entschieden, wie alles andere.

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