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Die neugestaltete Millenniums-Ausgabe des West-Dreibundes
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von Simon Szykman (simon@diplom.org)

ÜBERSETZT VON TIMO MÜLLER
 

Vor einiger Zeit hatte ich, als Gast-Chefredakteur einer Ausgabe des Pouch-Magazins, zu Vorschlägen für etwas, das ich eine "Shotgun-Eröffnung" nannte, aufgerufen - eine Eröffnung, bei der ein Bündnis von Beginn des Spiels an aus der Startposition herausgeschossen kam. Die Idee war, das Spiel mit einem schnellen, koordinierten Angriff im Frühjahr 1901 zu beginnen, der sich spürbar von Standard-Eröffnungen unterscheiden und die benachbarten Mächte unvorbereitet treffen würde. Der Sealion ist vielleicht die bekannteste solche Eröffnung, die in den letzten Jahren aufgekommen ist. Er ist effektiv, nicht nur, weil es für eine Macht schwierig ist, sich gegen einen koordinierten Angriff zu verteidigen, sondern auch, weil es schwer ist, gegen einen unvorhergesehenen frühen Angriff zurückzuschlagen, wenn er einmal läuft.

Meine ursprüngliche Idee war, daß die Leute sich Eröffnungen für Zweierbündnisse ausdenken sollten; zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht an Trios gedacht. Aber als ich kürzlich einige Seiten mit Strategieartikeln in den Online Resources des Pouch aktualisierte, sah ich zufällig ein paar Artikel über West-Dreibünde (E/F/D-Bündnisse), und ich dachte wieder an meine Idee einer Shotgun-Eröffnung zurück. Die dort beschriebenen West-Dreibünde waren zwar effektiv, aber nicht besonders aufregend oder interessant und hatten über die wirklichen Eröffnungszüge relativ wenig zu sagen. Wenn man darüber nachdenkt, kann so ziemlich jeder Dreibund Erfolg haben, wenn sie gut zusammenarbeiten; ich wollte aber einen Weg finden, wie sie plötzlich und von Anfang an zusammenarbeiten würden, vielleicht auf eine ungewöhnliche Art und Weise.

Also dachte ich über West-Dreibünde und Shotgun-Eröffnungen nach und versuchte, mir etwas Neues zu überlegen... eine neue Idee für eine Shotgun-Eröffnung, und eine interessantere Eröffnung für ein E/F/D-Bündnis als der traditionelle West-Dreibund (Western Triple), der oft nicht spezifischer oder koordinierter ist als "Hey, laßt uns drei ein Bündnis machen und zusammenarbeiten" ... "Klingt gut, finde ich" ... "Ich bin auch dabei".

England, Frankreich und Deutschland sind nicht traditionell ein Trio, das zusammenarbeitet. Viel öfter werden zwei der drei sich gegen den dritten zusammenschließen, entweder von Anfang an oder nach ungefähr einem Jahr, das sie mit dem Einsammeln nahegelegener neutraler Versorgungszentren verbracht haben. Weil ein West-Dreibund kein traditioneller Ansatz dieser drei Mächte ist, könnte es einige Anstrengungen kosten, um die drei zu Partnern für diese Eröffnung zu machen. Wenn es aber durchgezogen wird, ist der Gewinn hinsichtlich der erreichten Position und des taktischen Vorteils signifikant.

Oben habe ich den Sealion als eine der bekannteren Shotgun-Eröffnungen bezeichnet. Er ist zwar effektiv, aber durch den in der letzten Zeit stark gestiegenen Bekanntheitsgrad hat er etwas von seiner Effektivität verloren. Einer der Vorteile dessen, was ich in diesem Artikel vorschlage, ist, daß es nicht nur eine ungewöhnliche Eröffnung ist, sondern sich auch deutlich von den Ansätzen, die diese drei Mächte normalerweise in Erwägung ziehen, unterscheidet. Deshalb ist es auf jeden Fall unerwartet, und das Überraschungsmoment, das sic daraus ergibt, macht es unwahrscheinlich, daß irgendjemand voll durchschauen wird, was eigentlich geschieht, bevor es schon ein gutes Stück vorangekommen ist.

Das wichtigste ist, daß diese Eröffnung für die Teilnehmer relativ sicher ist. Das heißt nicht, daß ein Partner nicht die Arbeit stören kann, oder daß sich zwei Partner nicht gegen den dritten zusammenschließen können. Es heißt, daß die Partner keine großen Risiken unter Gefährdung ihrer Heimat-VZ eingehen müssen; es gibt zwar einige Risiken und verletzliche Stellen, aber die sind nicht schlimmer als diejenigen, die E/F/D in der Startphase eines Spiels, in dem dieses Bündnis nicht durchgeführt wird, eingehen. Wenn man die Tatsache akzeptiert, daß das Risiko dieses Versuchs nicht größer ist als das Risiko, dem England oder Frankreich oder Deutschland gegenüberstehen, daß sie derjenige der drei sein werden, der in einem typischen Spiel von den anderen beiden angegriffen wird, dann ist das einzige, was man auf den ersten Blick als Rückschlag sehen könnte, der geringe Zuwachs für das Trio 1901. Das wird aber, wie wir sehen werden, 1902 komplett ausgeglichen werden. Laßt uns also nun in die Details gehen.

Es gibt mehrere neutrale Versorgungszentren, die E/F/D immer bekommen, entweder durch Vereinbarungen oder durch Kampfhandlungen. Diese sind Spanien, Portugal, Belgien, Holland, Dänemark und Norwegen (das gelegentlich nach 1901 an Rußland verloren wird). Sechs neutrale VZ, drei Mächte, also ist die logische Aufteilung je zwei für England, Frankreich und Deutschland. Das untypische an der Eröffnung, die ich hier beschreiben werde, ist, daß - im Gegensatz zu einem normalen Spiel - jeder der drei Partner 1901 nur einen Aufbau bekommt. Dafür bekommen sie eine hervorragende Angriffsposition, die ihre Nachbarn unvorbereitet trifft, und alle drei erhalten ihren zweiten Aufbau 1902 ohne Anstrengung, ohne darum kämpfen zu müssen.

Hier ist die Eröffnung, die ich vorschlage. In den Verhandlungen vor Frühjahr 1901 vereinbart Frankreich die übliche entmilitarisierte Zone im Piemont, und Deutschland vereinbart die übliche entmilitarisierte Zone mit Rußland (Preußen, Schlesien, vielleicht das Baltische Meer). Die Frühjahrszüge sind wie folgt:

FRÜHJAHR 1901

England
F Edi-Nrg
F Lon-Nth
A Liv-Yor

Frankreich
F Bre-MAt
A Par-Gas
A Mar-Pie

Deutschland
F Kie-Den
A Ber-Pru
A Mun-Sil

Es ist fast sicher, daß jeder einzelne dieser Züge erfolgreich sein wird. Italien zieht 1901 genauso selten nach Piemont wie Rußland nach Schlesien oder Preußen, vor allem, wenn Frankreich und Deutschland gut über die entmilitarisierten Zonen verhandelt haben. Italien wird zweifellos unglücklich über den Zug nach Piemont sein, genauso wie Rußland über die deutschen Züge. Dies ist eine klassische deutsche Anti-Rußland-Eröffnung, und es gibt nichts, was Rußland nach diesen Zügen dagegen tun könnte.

Ich habe oben erwähnt, daß E/F/D relativ sicher voreinander sind... und zwar, weil, wenn eine der drei Mächte dem Plan zustimmt und dann trotzdem aggressiv gegen eine andere zieht, jede Macht von dieser Position aus alle Heimat-VZ schützen können. Und ja, es ist möglich, daß sich zwei Mächte gegen die dritte zusammentun, aber das kann sowieso passieren, so daß dieses Risiko niemanden davon abhalten sollten, diese Eröffnung auszuprobieren. Aber das Schöne daran ist, daß, wenn E/F/D dem Plan zustimmen und ihm wirklich folgen, wie er für Frühjahr 1901 beschrieben ist, für den Herbst alles viel besser aussieht.

HERBST 1901

England
F Nrg-Bar
F Nth C A Yor-Nwy
A Coy-Nth-Nwy

Frankreich
F MAt-Wes
A Gas-Spa
A Pie-Tus (oder Ven)

Deutschland
F Den-Swe
Wenn Rußland War mit zwei Einheiten verteidigt:
A Pru-Lvn
A Sil-Pru
Ansonsten:
A Pru-War
A Sil S A Pru-War

Sehen wir uns nun an, was passiert ist. Deutschland blockt Rußland in Schweden, was bedeutet, daß Rußland mit aller Wahrscheinlichkeit 1901 nur einen Aufbau bekommen wird. Und es könnte sogar noch besser aussehen. Wenn Rußland Moskau im Frühjahr nach Sewastopol und nicht in die Ukraine gezogen hat (was bedeuten würde, daß es den deutschen Angriff auf Warschau aufhalten kann), oder wenn Österreich und die Türkei verhindern, daß Rußland Rumänien nimmt, könnte Rußland nicht einmal diesen einen Aufbau bekommen. Aber sogar wenn es diesen einen bekommt, ist Deutschland in einer sehr guten Angriffsposition. Die englischen Züge nach Norwegen und in die Barentsee sind auf jeden Fall erfolgreich. Rußland ist im nächsten Jahr in großen Schwierigkeiten. Er wird nicht nur Schweden nicht erobern, dazu werden sowohl St. Petersburg als auch Warschau durch unterstützte deutsche und englische Angriffe bedroht (wenn wir annehmen, daß Rußland Warschau nicht schon verloren hat), und er wird ernste Schwierigkeiten bekommen, sich 1902 zu verteidigen.

Hier sind die Winteraufbauten:

Winter 1901

England
+ F Edi

Frankreich
+ F Mar oder A Mar (hängt von den italienischen und teilweise den österreichischen Zügen ab)

Deutschland
+ A Mun

Man beachte, daß jeder Partner 1901 nur einen Aufbau bekommt, aber man muß auch die Position betrachten, die sie erreicht haben. Durch die offensiven Züge 1901 haben sie zu einem Zeitpunkt gehandelt, zu dem beinahe jeder einzelne Zug garantiert erfolgreich ist. Und sie sind in einer weit besseren Position, um Rußland und Italien anzugreifen, als sie es wären, wenn sie eine der Standarderöffnungen benutzt hätten. Die Position ist extrem stark.

Man beachte auch, daß ihr nächsten Aufbauten 1902 ohne Gegenwehr auf sie warten, wogegen normalerweise keiner der drei 1902 Aufbauten sicher hätte. Im Frühjahr 1902 zieht Frankreich Spanien nach Portugal, und er hat seinen nächsten Aufbau sicher. England zieht die Nordsee-Flotte in den Skagerrak oder die Norwegische See und Edinburgh in die Nordsee, während Deutschland München nach Ruhr oder Dänemark nach Kiel bewegt. Im Herbst einigen sich Deutschland und England, wer Belgien bekommt und wer Holland, und sie haben beide ihre nächsten Aufbauten für 1902 sicher.

Das Risiko ist wieder gering. Keiner kann Frankreich daran hindern, Portugal zu nehmen. Und Deutschland und England können einander nicht stabben, ohne sich gegenseitig zu verletzen. Gehen wir beispielsweise davon aus, daß Deutschland München nach Ruhr zieht und E/D vereinbaren, daß England Belgien nimmt und Deutschland Holland. Wenn einer der beiden versucht, den Zug des anderen zu bouncen, vergibt er damit seinen eigenen Aufbau und jeden Zugewinn (also den ganzen Lohn für den Stab).

Es ist schwer, für 1902 im Voraus genaue Züge zu planen, weil zu viel davon abhängt, was die anderen 1901 gemacht haben. Aber mit diesem Plan ist die Ausgangsposition für 1902 hervorragend. Erstens haben alle drei Partner eine exzellente Angriffsposition... sowohl Rußland und Italien sind Anfang 1902 sofort in Schwierigkeiten. Zweitens sind E/F/G, wenn wir davon ausgehen, daß sie soweit gekommen sind, nicht im Krieg. Drittens haben sie alle garantierte Aufbauten für 1902. Und zusätzlich zu den garantierten (Por/Bel/Hol) haben sie gute Aussichten auf weitere Aufbauten. Die Chancen für zusätzliche Gewinne 1902 stehen sehr gut: Schweden, Warschau (falls Rußland es überhaupt noch besitzt), und, weniger wahrscheinlich aber immer noch möglich, St. Petersburg für England und Tunis oder ein italienisches VZ für Frankreich.

Also, hier ist das Konzept. Wegen der Mächte, die ich in letzter Zeit gespielt habe (und weil ich allgemein nicht viel gespielt habe), hatte ich noch nicht die Gegenheit, es auszuprobieren, aber ich beabsichtige es. Deshalb wäre ich sehr interessiert, von jemandem, der es versucht, zu hören, was dabei herausgekommen ist..

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